Donnerstag, 17. März 2011

17.03.11 Wie die Zivilisation versagt

Seit einigen Wochen erfahren wir jeden Tag, im warmen Wohnzimmer und in Sicherheit, von den Kämpfen in der arabischen Welt. Nachdem in einigen Ländern diese Unruhen zum Ziel geführt haben, scheint in Libyen das Regime von Gadhafi die Oberhand zu behalten.

Der Westen (beziehungsweise die „zivilisierte Welt“), bestehend aus der EU, der UNO, der USA, Russland, zeigte sich schnell auf der Seite der Aufständischen. Ein Tyrann sei Gadhafi, ein Psychopath, ein Terrorist. Nach dem schon in der Libyen-Affäre um die zwei Schweizer Geiseln Schweigen herrschte, zeigten sich nun endlich auch die Grossmächte wieder auf der korrekten Seite und verurteilten diesen Tyrannen.

Leider, vor allem für die Aufständischen, folgten diesen harschen und schnellgefassten Worten wenige Taten. Gadhafis Armee, in der Überzahl und besser ausgerüstet, erobert nun stetig Land zurück. Was passieren wird, wenn Gadhafi wieder die Kontrolle über das Land hat, lässt sich nur schwer vorstellen. Dass es für die Aufständischen, die Menschen, die es gewagt haben, sich nach jahrelanger Unterdrückung gegen ihren Despoten zur Wehr zu setzen, tragische Folgen haben kann oder viel eher wird, wird wohl jeder vernünftig denkende Mensch realisiert haben.
Trotzdem lässt der internationale Druck nach.
Nachdem immerhin ein Minimalkonsens, der Rücktritt Gadafis, von den EU-Ländern beschlossen wurde, blieben weitere Versuche, dies zu erreichen, aus.
Einzig Frankreich und England bezogen Stellung und verlangen militärisches Eingreifen im Sinne einer Flugverbotszone.
Die anderen Länder verstecken sich feige hinter fadenscheinigen Ausreden. Dass in Libyen die Menschenrechte nun noch offensichtlicher missachtet werden als bereits früher, spielt nun keine Rolle mehr, da viele Politiker sich scheuen, eine klare Meinung, auch mal gegen Andere, zu vertreten.
Lieber verspricht man undefinierbare Lösungen, vertröstet auf spätere Zeitpunkte oder spielt den Ball den anderen zu. (Wenn die UNO ein Mandat erteilt, dann…)
Obwohl die Aufständischen um Hilfe gebetet haben, wird nichts unternommen.
Aussagen, die Deutschlands Bundeskanzlerin Merkel tätigte, zeugen genau von dieser Angst, sich öffentlich zu bekennen. („Ausserdem sei ein Mandat der Vereinten Nationen eine «Mindestvoraussetzung», sagte Merkel, ebenso wie die aktive Beteiligung der Arabischen Liga.“)

Ein weiteres Mal, nach „unserer“ Libyen-Affäre, spielt die internationale Staatengemeinschaft ein Trauerspiel. Dass Gadafi bereits vor diesen Unruhen gefährlich war und bereits wegen früherer Taten angeklagt gehört, wird ein weiteres
Mal erfolgreich ignoriert.

Die Gunst der Stunde

Die tragische Katastrophe in Japan hilft Gadhafi zusätzlich. Die internationalen Medien richten ihr Augenmerk auf Asien und Gadhafi kann wieder tun und lassen, was er will.

Es ist für Staatsoberhäupter viel einfacher als emotionaler Mensch bei einer Tragödie einige Worte zu verlieren, als gegen einen Tyrannen öffentlich Stellung zu beziehen und political incorrect zu handeln, dafür aber vielen Menschen zu helfen. Man kann sich als Helfer präsentieren, schnell grosse Taten versprechen (AKWs werden gestoppt), ohne einige Informationen zu besitzen.

So funktioniert Stimmenfang, denn genau das will die Bevölkerung hören. Die vielen Toten in Libyen spielen leider auch dem Volk keine Rolle mehr.

Quelle:
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/die-arabische-revolution/Ghadhafis-Sohn-verhoehnt-die-Rebellen--vier-USJournalisten-vermisst/story/28459240?dossier_id=852